Das Europa-Parlament macht Druck bei der mutmaßlichen Ausspähaffäre um europäische Bankdaten durch den US-Geheimdienst NSA. Am Mittwochnachmittag wird die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström dem Plenum in Straßburg Rede und Antwort stehen müssen zu einer möglichen Unterbrechung des sogenannten SWIFT-Abkommens.
Birgit Sippel, innenpolitische Expertin der SPD-Europaabgeordneten, fordert eine solche Aussetzung: „Die Anschuldigungen sind massiv: Die US-Amerikaner sollen systematisch die im SWIFT-Abkommen verankerten Schutzklauseln für den Zugriff auf europäische Bankdaten umgangen haben. Nur das vorläufige Aussetzen des Abkommens erzeugt genügend Druck, damit eine ernsthafte Klärung der Vorgänge seitens der USA erfolgt. Die EU-Kommission darf sich hier nicht aus ihrer Verantwortung stehlen.“
Das SWIFT-Abkommen regelt den Zugriff der US-Behörden auf Bankdaten von Europäern zum Aufspüren und zur Verfolgung von Terrorverdächtigen („follow the money“). Im Zuge der Enthüllungen über die Aktivitäten von US-amerikanischen und europäischen Geheimdiensten berichteten Medien, dass der US-Geheimdienst NSA auch auf das SWIFT-Kommunikationsnetzwerk direkten Zugriff habe.
Bereits vor den jüngsten Enthüllungen haben Europaparlamentarier immer wieder massive Kritik an der Umsetzung des SWIFT-Abkommens geübt. So etwa an den unzureichend realisierten Datenschutzbestimmungen oder an der bis heute hartnäckigen Weigerung der EU-Kommission, einen Vorschlag zur Bankdaten-Extraktion auf europäischem Boden vorzulegen. Letzteres war eine Zusage, die viele Europaabgeordnete 2010 dazu bewogen hatte, dem Abkommen als Übergangslösung zuzustimmen. „Die jüngsten Vorwürfe stellen die Möglichkeit des effektiven Grundrechtsschutzes europäischer Bürger durch das SWIFT-Abkommen grundsätzlich in Frage“, so Birgit Sippel: „Kommissarin Malmström muss unseren US-amerikanischen Partnern klar aufzeigen, dass die rote Linie überschritten ist.“
Derzeit laufen die Vorbereitungen für eine parlamentarische Resolution zur Unterbrechung des Abkommens, die im zweiten Oktober-Plenum abgestimmt werden soll. „Die USA müssen endlich verstehen, dass der Schutz der Grundrechte europäischer Bürger keine fromme Bitte von unserer Seite, sondern absolute Bedingung jedes internationalen Vertrags darstellt“, so Birgit Sippel, „und dass wir notfalls bereit sind, bestehende Abkommen zu unterbrechen, wenn die Rechte unserer Bürger nicht mehr gewahrt sind.“