Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind zwei der grundlegende Werte auf denen die europäischen Union aufbaut. Nur wenn sich alle Mitgliedstaaten an diese und die weiteren Werte und Ziele der Europäischen Gemeinschaft halten, kann ein gerechtes und friedliches Zusammenleben aller Bürgerinnen und Bürger funktionieren. Der Vertrag von Lissabon Im Dezember 2009 trat der Lissabonner Vertrag in Kraft. Ziel des Vertrages war es mehr Demokratie, Transparenz und Effizienz für die Europäische Union zu schaffen und institutionell zu reformieren. Mit dem Vertrag wurde das Europäische Parlament nun neben dem Rat der Europäischen Union gleichberechtigter Gesetzgeber. Den nationalen Parlamenten sowie den Bürgerinnen und Bürger wurde mehr Mitspracherecht zuteil und auch die EU-Grundrechte-Charta trat in Kraft. Schließlich wurde mit dem Vertrag von Lissabon die Zusammenarbeit in der Justiz- und Innenpolitik deutlich aufgewertet –  das Ziel, einen „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ zu schaffen, bildet seither das Kernstück meiner Arbeit im Justiz- & Innenausschuss (LIBE). Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit Durch die schrittweise Abschaffung der Grenzkontrollen in der EU wurde die Freizügigkeit für die Unionsbürger erheblich vereinfacht, allerdings ist es dadurch auch für Straftäter*innen leichter geworden, über Landesgrenzen hinweg zu operieren.  Bei der Schaffung eines EU-weiten Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit daher unerlässlich. Die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen stützt sich auf den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen. Das wichtigste Instrument für polizeiliche Zusammenarbeit ist das Europäische Polizeiamt (Europol). Mit der grenzübergreifenden Zusammenarbeit bei Justiz, Polizei, Zollbehörden und sonstigen Strafverfolgungsbehörden sollen EU-weit Straftaten aus dem Bereich Schwerkriminalität (organisiertes Verbrechen, Drogenhandel, Menschenhandel und Internetkriminalität) und Terrorismus verhindert und aufgedeckt sowie Ermittlungen durchgeführt werden. Gleichzeitig müssen auf europäischer Ebene Rechtsrahmen geschaffen werden, damit die Rechte von Opfern, Tatverdächtigen und Strafgefangenen in der gesamten EU geschützt werden. EU-Agenturen Zur Unterstützung der zahlreichen Akteure bei der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit – von den EU-Institutionen, über die Mitgliedstaaten, bis zu den Bürger*innen –  stehen der EU eine Reihe von Agenturen zur Seite. Diese dezentralen Einrichtungen sind über die gesamte EU verteilt:
  • Eurojust, die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, ist die Justizbehörde der EU mit Sitz in Den Haag. Eurojust koordiniert grenzüberschreitende Strafverfahren auf europäischer Ebene, koordiniert die Arbeit der nationalen Justizbehörden Europas im Bereich der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität und fördert den Informationsaustausch zwischen den nationalen Justiz- und Polizeibehörden.
  • Europol: Europol ist die Polizeibehörde der EU und sitzt, wie Eurojust, in Den Haag. Europol soll die Arbeit der nationalen Polizeibehörden im Bereich der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität koordinieren und den Informationsaustausch zwischen den nationalen Polizeibehörden fördern.
  • FRA: Die EU-Grundrechteagentur (FRA = European Union Agency for Fundamental Rights) mit Sitz in Wien ist für die Überwachung des Schutzes der Grundrechte in der EU und die Wahrung der EU-Grundrechtecharta zuständig.
  • EMCDDA: Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) mit Sitz in Lissabon soll der EU und ihren Mitgliedstaaten einen sachlichen Überblick über die europäische Drogenproblematik vermitteln und solide faktengesicherte Grundlagen zur Drogendebatte liefern.
  • CEPOL: Die Europäische Polizeiakademie (CEPOL = Bekämpfung von Stereotypen und Vorurteilen, mit Sitz in Budapest. ZIel der Agentur ist es, Strafverfolgungsgemeinschaften stärker zusammenzubringen und den Austausch bewährter Praktiken, von Wissen und Know-how zu stärken
  • EIGE: Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE =European Institute for Gender Equality) mit Sitz in Vilnius ist die einzige Agentur der EU, die sich ausschließlich mit der Gleichstellung der Geschlechter beschäftigt und setzt sich für die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern innerhalb und außerhalb der EU ein.
  • eu-LISA: Die Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (euLISA) wurde eingerichtet, um umfangreiche Informationssysteme im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu betreiben. eu-LISA hat ihren Sitz in Tallinn.
  • EASO
  • FRONTEX
Minderheitenschutz & Gleichstellung Der Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts ist ein Raum für alle Bürger*innen der EU. Dennoch profitieren nicht alle gleichermaßen von dieser Errungenschaft der EU, insbesondere Minderheiten werden weiterhin viel zu häufig Opfer von Diskriminierung oder sogar Hetze und körperlicher Gewalt. Der besondere Schutz von Minderheiten und der Einsatz für echte Gleichstellung ist daher essenziell zur Wahrung der in den Verträgen und in der Charta festgeschriebenen Rechte und Prinzipien. Hierzu gehören Frauen und Kinder genauso, wie People of Colour, Roma, LGBTIQ oder Angehörige religiöser Minderheiten. Ihr Schutz und die Bekämpfung von Diskriminierung sind in den Verträgen und der EU-Grundrechtecharta festgelegt. Als S&D- Fraktion im Europäischen Parlament treten dafür ein, dass alle Mitgliedstaaten dies auch in die Tat umsetzen. Ein Beispiel? Im LIBE-Ausschuss drängen wir insbesondere auf die Verstärkung des europaweiten Kampfs gegen Gewalt gegen Frauen, indem wir den Beitritt der EU zur sogenannten Istanbul Konvention fordern. Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die Istanbul-Konvention, ist ein 2011 ausgearbeiteter völkerrechtlicher Vertrag, der verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt schafft. Neben der Verfolgung aller Formen von Gewalt, online wie offline, gegen Frauen und Mädchen ist jedoch auch die Überwachung des Status der Frauenrechte in allen Mitgliedstaaten der EU und die generelle Präventionsarbeit von zentraler Bedeutung. Ein anderes Beispiel? LGBTIQ Rechte sind Menschenrechte und Grundrechte. LGBTI Personen müssen daher dieselben Rechte, Pflichten und Chancen haben und denselben Schutz genießen wie alle anderen EU-Bürgerinnen und Bürger – dies ist jedoch oft nicht der Fall, in einigen Mitgliedstaaten müssen wir stattdessen sogar eine zunehmende Diskriminierung beobachten. Als S&D-Fraktion Wir treten für die Gleichstellung und gleichberechtigte Anerkennung heterosexueller und homosexueller Ehen und Partnerschaften in allen Mitgliedstaaten ein. Für eine konsequente Bekämpfung von Diskriminierung muss Diskriminierung auch in den Bereichen Sozialschutz, Bildung sowie Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen EU-weit bekämpft werden; bisher ist die Bekämpfung von Diskriminierung viel zu häufig auf arbeitsmarktpolitische Maßnahmen beschränkt. Als EU-kämpfen wir daher weiter für die Verabschiedung einer horizontalen Antidiskriminierungs-Richtlinie, aber fordern gleichzeitig auch mehr pädagogische Maßnahmen, Medien- und Aufklärungskampagnen, Bekämpfung von Stereotypen und Vorurteilen. Rechtsstaatlichkeit Der demokratische Rechtsstaat ist eine der der größten Errungenschaften überhaupt. Er garantiert, dass Regierung und Verwaltung in einem Staat nur im Rahmen der bestehenden Gesetze handeln dürfen, die Grundrechte der Bürger*innen garantiert werden und staatliche Entscheidungen von unabhängigen Gerichten überprüft werden können. Wir erleben jedoch in Europa, dass einzelne Regierungen parlamentarische Mehrheiten nutzen, um etwa die Unabhängigkeit der Justiz zu unterminieren, die Medienfreiheit zu beschneiden oder Regierungskritiker*innen mundtot zu machen. Daher hatte die Europäische Kommission im Jahre 2017 das mehrstufige Artikel 7-Verfahren gegen die Regierung Polens aktiviert, als Europäisches Parlament haben wir das Verfahren gegen die Regierung Orbán in Ungarn Ins Rollen gebracht. Gemäß der letzten Stufe des Artikel-7-Verfahrens könnten die betroffenen Regierungen z.B. mit Stimmrechtsentzug im Rat bestraft werden, dafür müsste im Rat jedoch vorher einstimmig eine Verletzung unserer Werte festgestellt werden. Offenbar eine zu hohe Hürde. Denn der Rat schafft es nicht einmal mit einer vier Fünftel Mehrheit zumindest die Gefahr einer anhaltenden Verletzung unserer gemeinsamen Werte durch die Regierungen der Länder festzustellen (erste Stufe des Artikel-7-Verfahrens). Das Verfahren scheitert damit bisher am Zögern der Mitgliedstaaten. Wir benötigen daher neue Werkzeuge, um die Rechtsstaatlichkeit in der EU zu sichern und bereits präventiv gegen entstehende Probleme vorzugehen. Um Probleme frühzeitig erkennen und entsprechend handeln zu können, muss die Einhaltung europäischer Werte auch nach dem Beitritt zur EU kontinuierlich auf den Prüfstand stehen – und zwar anhand objektiver Kriterien und für alle EU-Mitgliedstaaten. Der vom Europäischen Parlament seit Langem geforderte Rechtsstaatsmechanismus, der alle EU-Mitgliedstaaten regelmäßig auf Basis unabhängiger Kriterien auf ihre Rechtsstaatlichkeit überprüfen soll, wurde nun endlich von der Kommission (in abgeschwächter Form) in einem Vorschlag für einen jährlichen Bericht zur Rechtsstaatlichkeit aufgenommen. Wir werden die Ergebnisse eng verfolgen und uns für konkrete Konsequenzen aus dem Bericht für die jeweiligen Mitgliedstaaten stark machen. Gleichzeitig kämpfen wir mit Blick auf den EU-Haushalt seit Jahren für einen Sanktionsmechanismus in der langfristigen EU-Finanzplanung (Mehrjähriger Finanzrahmen (MFF)). Wenn Regierungen strukturell europäische Werte missachten, können sie nicht weiter an europäischer Förderung teilhaben – ansonsten verliert das gesamte europäische Projekt an Legitimation. Leider fand der vom EU-Parlament vorgeschlagene Mechanismus – demzufolge die Mitgliedstaaten die automatische Streichung von Fördermitteln nur noch mit qualifizierter Mehrheit hätten abwenden können (sogenannte umgekehrte qualifizierte Mehrheit) – keine Zustimmung bei den EU-Staats- und Regierungschefs. Stattdessen muss nun eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten – d.h. 15 Mitgliedstaaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung – aktiv die Streichung der Gelder beschließen. Auch wenn dies nicht unserer ursprünglichen Forderung entspricht und die Streichung von Geldern so vermutlich weniger schnell greift, ist die generelle Einigung auf einen Sanktionsmechanismus im Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 ein absolutes Novum und ein Erfolg für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa. Schließlich müssen wir grundsätzlich die Kultur der Rechtsstaatlichkeit fördern. Laut Eurobarometer hat mehr als die Hälfte der Europäer*innen das Gefühl, nicht ausreichend über die europäischen Grundwerte informiert zu sein. Wir setzen uns daher dafür ein, dass mehr Geld für zivilgesellschaftliche Organisationen und Projekte zur Verfügung gestellt werden, die über unsere europäischen Grundwerte informieren und diese fördern.   Grenzenloses Internet? Elektronisches Beweismittel e-evidence Unser Alltag verschiebt sich immer häufiger in die digitale Welt – ob bei der Kommunikation mit Familie und Freunden, bei der Arbeit oder beim (Online-)Einkauf. Diese digitale Welt wird jedoch zunehmend dafür missbraucht, Straftaten vorzubereiten, zu begehen oder anschließend zu vertuschen. So sind elektronische Beweismittel eine wichtige Erkenntnisquelle bei Ermittlungen und den anschließenden Strafverfahren. Das Problem: Das Internet kennt keine Grenzen, Online-Kommunikationsdienste werden überall in der Welt bereitgestellt. Dies erschwert die Arbeit der Ermittlungsbehörden: Bisher ist es extrem zeitaufwendig, die für Ermittlungen notwendigen Daten zu bekommen, die anschließend vor Gericht als elektronische Beweismittel – e-evidence genannt – dienen; oft sind die Daten dann bereits gelöscht und somit nicht mehr als Beweismittel nutzbar. Aus diesem Grund hatte die Europäische Kommission im April 2018 einen Verordnungsvorschlag über „Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen“ sowie einen Richtlinienvorschlag „zur Festlegung einheitlicher Regeln für die Bestellung von Vertretern zu Zwecken der Beweiserhebung in Strafverfahren“ vorgelegt, mit der die Herausgabe oder vorläufige Sicherung von e-evidence, die von einem Service-Provider in einem anderen Mitgliedstaat gespeichert wurden, erleichtert werden soll (s. Kommissionvorschläge hierunter). Die Vorschläge sahen vor, dass beispielsweise die deutschen Strafverfolgungsbehörden das irische Internet-Unternehmen Facebook direkt auffordern könnten, Daten für ein laufendes Strafverfahren zu sichern oder auszuliefern; und zwar unabhängig davon, dass Facebook seinen Hauptsitz außerhalb der EU hat oder die Daten womöglich außerhalb der EU speichert. Auf diese Weise soll der grenzüberschreitende Zugriff auf die für Strafverfahren notwendige Daten und die Verfahren selbst beschleunigt werden. Was auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen mag, birgt jedoch auch eine ganze Reihe von Risiken: Mit Blick auf den Schutz der Grundrechte, auf Privatsphäre und Datenschutz und mit Blick auf Verfahrensrechte gibt es massive Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verordnungsvorschlags. Als Berichterstatterin des Europäischen Parlaments und innenpolitische Sprecherin der sozialdemokratischen S&D Fraktion war es meine Aufgabe, die Schwächen im Vorschlag deutlich zu machen und mich mit meinen Kolleg*innen der anderen Fraktionen für Nachbesserungen einzusetzen vorzulegen. Warum waren die ursprünglichen Kommissionvorschläge problematisch? Im Vergleich zu bisher verabschiedeten Instrumenten in der Zusammenarbeit europäischer Polizei- und Justizbehörden gingen die e-evidence-Vorschläge der Kommission ganz neue Wege: Statt der Zusammenarbeit der zuständigen Behörden aus verschiedenen Mitgliedstaaten sollte die Verordnung die direkte Zusammenarbeit zwischen einer Polizei- bzw. Justizbehörde eines Mitgliedstaats und dem Service-Provider in einem anderen Mitgliedstaat ermöglichen. Aber: Obwohl Polizei und Justiz in den Mitgliedstaaten verstärkt zusammenarbeiten, bestehen weiterhin erhebliche Unterschiede im Strafrecht, z.B. bei der Frage, was überhaupt eine Straftat ist. Dadurch bestand die Gefahr, dass durch die fehlende Überprüfung der Herausgabe- oder Sicherungsanordnung durch die Justizbehörden im betroffenen Mitgliedstaat ein Service Provider in diesem Land zur Herausgabe von Daten gezwungen wird, obwohl die Tat dort keine Straftat ist. Gleichzeitig hätten derartige Anordnungen das Recht auf Privatsphäre sowie das Recht auf den Schutz der eigenen Daten, aber auch EU-weit geltende Verfahrensstandards waren gefährdet. Aus diesem Grund hatten wir im federführenden Innen- und Justizausschuss (LIBE) im Dezember 2020 zwei Berichte angenommen, in denen wir grundlegende Änderungen der ursprünglichen Kommission-Vorschläge gefordert hatten (s. LIBE-Berichte hierunter). Auf Basis der LIBE-Berichte starteten im Februar 2021 die sogenannten Trilog-Verhandlungen mit  Rat und Kommission, die ich als Berichterstatterin des Parlaments für das Parlament geführt habe. Nach zwei Jahren schwieriger Verhandlungen konnten wir uns im Januar 2023 endlich auf einen Gesamtkompromiss zu den Vorschlägen einigen. Die gefundene Einigung bedeutet einen Paradigmenwechsel in der Zusammenarbeit von Polizei und Justiz in der EU: Erstmals werden nationale Ermittlungsbehörden die Möglichkeit haben, Diensteanbieter in anderen EU-Mitgliedstaaten direkt zur Herausgabe oder Sicherung elektronischer Beweismittel aufzufordern, mit klaren Fristen und EU-weit einheitlichen Regeln. Als Parlaments-Berichterstatterin habe ich dabei darauf gepocht, dass Grundrechte gewahrt bleiben, insbesondere die Privatsphäre und der Datenschutz, aber auch Verfahrensrechte. Auf unseren Druck hin wird bei Herausgabeanordnungen zu besonders sensiblen Daten – Verkehrs- und Inhaltsdaten – künftig auch der Mitgliedstaat, in dem der Diensteanbieter sitzt, zeitgleich über die Anordnung informiert („notifiziert“), sofern nicht die gesuchte Person und die Straftat ausschließlich im Ausstellungsstaat lebt bzw. begangen wurde. Die informierte Behörden können diese Anordnung auf Basis einer Liste von Gründen innerhalb von zehn Tagen verweigern, zum Beispiel, wenn die Straftat, zu der ermittelt wird, im Land des Diensteanbieters keine Straftat ist oder die Herausgabe der Daten eine Verletzung der in der Charta und den EU-Verträgen verankerten Grundrechte bedeuten würde. Die angeforderten Daten müssen in dieser Zeit von den Diensteanbietern gesichert, dürfen aber erst nach Ablauf der Fristen herausgeben werden, sofern kein Einspruch der notifizierten Behörden erfolgt ist.

Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind zwei der grundlegende Werte auf denen die europäischen Union aufbaut. Nur wenn sich alle Mitgliedstaaten an diese und die weiteren Werte und Ziele der Europäischen Gemeinschaft halten, kann ein gerechtes und friedliches Zusammenleben aller Bürgerinnen und Bürger funktionieren.

Der Vertrag von Lissabon

Im Dezember 2009 trat der Lissabonner Vertrag in Kraft. Ziel des Vertrages war es mehr Demokratie, Transparenz und Effizienz für die Europäische Union zu schaffen und institutionell zu reformieren. Mit dem Vertrag wurde das Europäische Parlament nun neben dem Rat der Europäischen Union gleichberechtigter Gesetzgeber. Den nationalen Parlamenten sowie den Bürgerinnen und Bürger wurde mehr Mitspracherecht zuteil und auch die EU-Grundrechte-Charta trat in Kraft. Schließlich wurde mit dem Vertrag von Lissabon die Zusammenarbeit in der Justiz- und Innenpolitik deutlich aufgewertet –  das Ziel, einen „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ zu schaffen, bildet seither das Kernstück meiner Arbeit im Justiz- & Innenausschuss (LIBE).

Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit

Durch die schrittweise Abschaffung der Grenzkontrollen in der EU wurde die Freizügigkeit für die Unionsbürger erheblich vereinfacht, allerdings ist es dadurch auch für Straftäter*innen leichter geworden, über Landesgrenzen hinweg zu operieren.  Bei der Schaffung eines EU-weiten Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit daher unerlässlich. Die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen stützt sich auf den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen. Das wichtigste Instrument für polizeiliche Zusammenarbeit ist das Europäische Polizeiamt (Europol). Mit der grenzübergreifenden Zusammenarbeit bei Justiz, Polizei, Zollbehörden und sonstigen Strafverfolgungsbehörden sollen EU-weit Straftaten aus dem Bereich Schwerkriminalität (organisiertes Verbrechen, Drogenhandel, Menschenhandel und Internetkriminalität) und Terrorismus verhindert und aufgedeckt sowie Ermittlungen durchgeführt werden. Gleichzeitig müssen auf europäischer Ebene Rechtsrahmen geschaffen werden, damit die Rechte von Opfern, Tatverdächtigen und Strafgefangenen in der gesamten EU geschützt werden.

EU-Agenturen

Zur Unterstützung der zahlreichen Akteure bei der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit – von den EU-Institutionen, über die Mitgliedstaaten, bis zu den Bürger*innen –  stehen der EU eine Reihe von Agenturen zur Seite. Diese dezentralen Einrichtungen sind über die gesamte EU verteilt:

  • Eurojust, die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, ist die Justizbehörde der EU mit Sitz in Den Haag. Eurojust koordiniert grenzüberschreitende Strafverfahren auf europäischer Ebene, koordiniert die Arbeit der nationalen Justizbehörden Europas im Bereich der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität und fördert den Informationsaustausch zwischen den nationalen Justiz- und Polizeibehörden.
  • Europol: Europol ist die Polizeibehörde der EU und sitzt, wie Eurojust, in Den Haag. Europol soll die Arbeit der nationalen Polizeibehörden im Bereich der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität koordinieren und den Informationsaustausch zwischen den nationalen Polizeibehörden fördern.
  • FRA: Die EU-Grundrechteagentur (FRA = European Union Agency for Fundamental Rights) mit Sitz in Wien ist für die Überwachung des Schutzes der Grundrechte in der EU und die Wahrung der EU-Grundrechtecharta zuständig.
  • EMCDDA: Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) mit Sitz in Lissabon soll der EU und ihren Mitgliedstaaten einen sachlichen Überblick über die europäische Drogenproblematik vermitteln und solide faktengesicherte Grundlagen zur Drogendebatte liefern.
  • CEPOL: Die Europäische Polizeiakademie (CEPOL = Bekämpfung von Stereotypen und Vorurteilen, mit Sitz in Budapest. ZIel der Agentur ist es, Strafverfolgungsgemeinschaften stärker zusammenzubringen und den Austausch bewährter Praktiken, von Wissen und Know-how zu stärken
  • EIGE: Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE =European Institute for Gender Equality) mit Sitz in Vilnius ist die einzige Agentur der EU, die sich ausschließlich mit der Gleichstellung der Geschlechter beschäftigt und setzt sich für die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern innerhalb und außerhalb der EU ein.
  • eu-LISA: Die Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (euLISA) wurde eingerichtet, um umfangreiche Informationssysteme im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu betreiben. eu-LISA hat ihren Sitz in Tallinn.
  • EASO
  • FRONTEX

Minderheitenschutz & Gleichstellung

Der Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts ist ein Raum für alle Bürger*innen der EU. Dennoch profitieren nicht alle gleichermaßen von dieser Errungenschaft der EU, insbesondere Minderheiten werden weiterhin viel zu häufig Opfer von Diskriminierung oder sogar Hetze und körperlicher Gewalt. Der besondere Schutz von Minderheiten und der Einsatz für echte Gleichstellung ist daher essenziell zur Wahrung der in den Verträgen und in der Charta festgeschriebenen Rechte und Prinzipien. Hierzu gehören Frauen und Kinder genauso, wie People of Colour, Roma, LGBTIQ oder Angehörige religiöser Minderheiten. Ihr Schutz und die Bekämpfung von Diskriminierung sind in den Verträgen und der EU-Grundrechtecharta festgelegt. Als S&D- Fraktion im Europäischen Parlament treten dafür ein, dass alle Mitgliedstaaten dies auch in die Tat umsetzen. Ein Beispiel? Im LIBE-Ausschuss drängen wir insbesondere auf die Verstärkung des europaweiten Kampfs gegen Gewalt gegen Frauen, indem wir den Beitritt der EU zur sogenannten Istanbul Konvention fordern. Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die Istanbul-Konvention, ist ein 2011 ausgearbeiteter völkerrechtlicher Vertrag, der verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt schafft. Neben der Verfolgung aller Formen von Gewalt, online wie offline, gegen Frauen und Mädchen ist jedoch auch die Überwachung des Status der Frauenrechte in allen Mitgliedstaaten der EU und die generelle Präventionsarbeit von zentraler Bedeutung. Ein anderes Beispiel? LGBTIQ Rechte sind Menschenrechte und Grundrechte. LGBTI Personen müssen daher dieselben Rechte, Pflichten und Chancen haben und denselben Schutz genießen wie alle anderen EU-Bürgerinnen und Bürger – dies ist jedoch oft nicht der Fall, in einigen Mitgliedstaaten müssen wir stattdessen sogar eine zunehmende Diskriminierung beobachten. Als S&D-Fraktion Wir treten für die Gleichstellung und gleichberechtigte Anerkennung heterosexueller und homosexueller Ehen und Partnerschaften in allen Mitgliedstaaten ein. Für eine konsequente Bekämpfung von Diskriminierung muss Diskriminierung auch in den Bereichen Sozialschutz, Bildung sowie Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen EU-weit bekämpft werden; bisher ist die Bekämpfung von Diskriminierung viel zu häufig auf arbeitsmarktpolitische Maßnahmen beschränkt. Als EU-kämpfen wir daher weiter für die Verabschiedung einer horizontalen Antidiskriminierungs-Richtlinie, aber fordern gleichzeitig auch mehr pädagogische Maßnahmen, Medien- und Aufklärungskampagnen, Bekämpfung von Stereotypen und Vorurteilen.

Rechtsstaatlichkeit

Der demokratische Rechtsstaat ist eine der der größten Errungenschaften überhaupt. Er garantiert, dass Regierung und Verwaltung in einem Staat nur im Rahmen der bestehenden Gesetze handeln dürfen, die Grundrechte der Bürger*innen garantiert werden und staatliche Entscheidungen von unabhängigen Gerichten überprüft werden können.

Wir erleben jedoch in Europa, dass einzelne Regierungen parlamentarische Mehrheiten nutzen, um etwa die Unabhängigkeit der Justiz zu unterminieren, die Medienfreiheit zu beschneiden oder Regierungskritiker*innen mundtot zu machen. Daher hatte die Europäische Kommission im Jahre 2017 das mehrstufige Artikel 7-Verfahren gegen die Regierung Polens aktiviert, als Europäisches Parlament haben wir das Verfahren gegen die Regierung Orbán in Ungarn Ins Rollen gebracht. Gemäß der letzten Stufe des Artikel-7-Verfahrens könnten die betroffenen Regierungen z.B. mit Stimmrechtsentzug im Rat bestraft werden, dafür müsste im Rat jedoch vorher einstimmig eine Verletzung unserer Werte festgestellt werden. Offenbar eine zu hohe Hürde. Denn der Rat schafft es nicht einmal mit einer vier Fünftel Mehrheit zumindest die Gefahr einer anhaltenden Verletzung unserer gemeinsamen Werte durch die Regierungen der Länder festzustellen (erste Stufe des Artikel-7-Verfahrens). Das Verfahren scheitert damit bisher am Zögern der Mitgliedstaaten.

Wir benötigen daher neue Werkzeuge, um die Rechtsstaatlichkeit in der EU zu sichern und bereits präventiv gegen entstehende Probleme vorzugehen.

Um Probleme frühzeitig erkennen und entsprechend handeln zu können, muss die Einhaltung europäischer Werte auch nach dem Beitritt zur EU kontinuierlich auf den Prüfstand stehen – und zwar anhand objektiver Kriterien und für alle EU-Mitgliedstaaten. Der vom Europäischen Parlament seit Langem geforderte Rechtsstaatsmechanismus, der alle EU-Mitgliedstaaten regelmäßig auf Basis unabhängiger Kriterien auf ihre Rechtsstaatlichkeit überprüfen soll, wurde nun endlich von der Kommission (in abgeschwächter Form) in einem Vorschlag für einen jährlichen Bericht zur Rechtsstaatlichkeit aufgenommen. Wir werden die Ergebnisse eng verfolgen und uns für konkrete Konsequenzen aus dem Bericht für die jeweiligen Mitgliedstaaten stark machen.

Gleichzeitig kämpfen wir mit Blick auf den EU-Haushalt seit Jahren für einen Sanktionsmechanismus in der langfristigen EU-Finanzplanung (Mehrjähriger Finanzrahmen (MFF)). Wenn Regierungen strukturell europäische Werte missachten, können sie nicht weiter an europäischer Förderung teilhaben – ansonsten verliert das gesamte europäische Projekt an Legitimation. Leider fand der vom EU-Parlament vorgeschlagene Mechanismus – demzufolge die Mitgliedstaaten die automatische Streichung von Fördermitteln nur noch mit qualifizierter Mehrheit hätten abwenden können (sogenannte umgekehrte qualifizierte Mehrheit) – keine Zustimmung bei den EU-Staats- und Regierungschefs. Stattdessen muss nun eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten – d.h. 15 Mitgliedstaaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung – aktiv die Streichung der Gelder beschließen. Auch wenn dies nicht unserer ursprünglichen Forderung entspricht und die Streichung von Geldern so vermutlich weniger schnell greift, ist die generelle Einigung auf einen Sanktionsmechanismus im Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 ein absolutes Novum und ein Erfolg für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa.

Schließlich müssen wir grundsätzlich die Kultur der Rechtsstaatlichkeit fördern. Laut Eurobarometer hat mehr als die Hälfte der Europäer*innen das Gefühl, nicht ausreichend über die europäischen Grundwerte informiert zu sein. Wir setzen uns daher dafür ein, dass mehr Geld für zivilgesellschaftliche Organisationen und Projekte zur Verfügung gestellt werden, die über unsere europäischen Grundwerte informieren und diese fördern.  

Grenzenloses Internet? Elektronisches Beweismittel e-evidence

Unser Alltag verschiebt sich immer häufiger in die digitale Welt – ob bei der Kommunikation mit Familie und Freunden, bei der Arbeit oder beim (Online-)Einkauf. Diese digitale Welt wird jedoch zunehmend dafür missbraucht, Straftaten vorzubereiten, zu begehen oder anschließend zu vertuschen. So sind elektronische Beweismittel eine wichtige Erkenntnisquelle bei Ermittlungen und den anschließenden Strafverfahren. Das Problem: Das Internet kennt keine Grenzen, Online-Kommunikationsdienste werden überall in der Welt bereitgestellt. Dies erschwert die Arbeit der Ermittlungsbehörden: Bisher ist es extrem zeitaufwendig, die für Ermittlungen notwendigen Daten zu bekommen, die anschließend vor Gericht als elektronische Beweismittel – e-evidence genannt – dienen; oft sind die Daten dann bereits gelöscht und somit nicht mehr als Beweismittel nutzbar.

Aus diesem Grund hatte die Europäische Kommission im April 2018 einen Verordnungsvorschlag über „Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen“ sowie einen Richtlinienvorschlag „zur Festlegung einheitlicher Regeln für die Bestellung von Vertretern zu Zwecken der Beweiserhebung in Strafverfahren“ vorgelegt, mit der die Herausgabe oder vorläufige Sicherung von e-evidence, die von einem Service-Provider in einem anderen Mitgliedstaat gespeichert wurden, erleichtert werden soll (s. Kommissionvorschläge hierunter). Die Vorschläge sahen vor, dass beispielsweise die deutschen Strafverfolgungsbehörden das irische Internet-Unternehmen Facebook direkt auffordern könnten, Daten für ein laufendes Strafverfahren zu sichern oder auszuliefern; und zwar unabhängig davon, dass Facebook seinen Hauptsitz außerhalb der EU hat oder die Daten womöglich außerhalb der EU speichert. Mit Blick auf den Schutz der Grundrechte, auf Privatsphäre und Datenschutz und mit Blick auf Verfahrensrechte gab es jedoch massive Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vorschläge zu EU-internen e-evidence Regeln.

Warum? Im Vergleich zu bisher verabschiedeten Instrumenten in der Zusammenarbeit europäischer Polizei- und Justizbehörden gingen die e-evidence-Vorschläge der Kommission ganz neue Wege: Statt der Zusammenarbeit der zuständigen Behörden aus verschiedenen Mitgliedstaaten sollte die Verordnung die direkte Zusammenarbeit zwischen einer Polizei- bzw. Justizbehörde eines Mitgliedstaats und dem Service-Provider in einem anderen Mitgliedstaat ermöglichen. Aber: Obwohl Polizei und Justiz in den Mitgliedstaaten verstärkt zusammenarbeiten, bestehen weiterhin erhebliche Unterschiede im Strafrecht, z.B. bei der Frage, was überhaupt eine Straftat ist. Dadurch bestand die Gefahr, dass durch die fehlende Einbindung der Justizbehörden im betroffenen Mitgliedstaat ein Service Provider in diesem Land zur Herausgabe von Daten gezwungen wird, obwohl die Tat dort keine Straftat ist. Gleichzeitig hätten derartige Anordnungen das Recht auf Privatsphäre sowie das Recht auf den Schutz der eigenen Daten, aber auch EU-weit geltende Verfahrensstandards waren gefährdet.

Als Berichterstatterin des Europäischen Parlaments und innenpolitische Sprecherin der sozialdemokratischen S&D Fraktion war es meine Aufgabe, die Schwächen im Vorschlag deutlich zu machen und mich mit meinen Kolleg*innen der anderen Fraktionen für Nachbesserungen einzusetzen vorzulegen. Aus diesem Grund hatten wir im federführenden Innen- und Justizausschuss (LIBE) im Dezember 2020 zwei Berichte angenommen, in denen wir grundlegende Änderungen der ursprünglichen Kommission-Vorschläge gefordert hatten (s. LIBE-Berichte hierunter). Auf Basis der LIBE-Berichte starteten im Februar 2021 die sogenannten Trilog-Verhandlungen mit  Rat und Kommission, die ich als Berichterstatterin des Parlaments für das Parlament geführt habe. Nach zwei Jahren schwieriger Verhandlungen konnten wir uns im Januar 2023 endlich auf einen Gesamtkompromiss zu den Vorschlägen einigen.

Die gefundene Einigung bedeutet einen Paradigmenwechsel in der Zusammenarbeit von Polizei und Justiz in der EU: Erstmals werden nationale Ermittlungsbehörden die Möglichkeit haben, Service Provider in anderen EU-Mitgliedstaaten direkt zur Herausgabe oder Sicherung elektronischer Beweismittel aufzufordern, mit klaren Fristen und EU-weit einheitlichen Regeln. Als Parlaments-Berichterstatterin habe ich dabei jedoch erfolgreich darauf gepocht, dass Grundrechte gewahrt bleiben, insbesondere die Privatsphäre und der Datenschutz, aber auch Verfahrensrechte.

Auf unseren Druck hin wird bei Herausgabeanordnungen zu besonders sensiblen Daten – Verkehrs- und Inhaltsdaten – künftig auch der Mitgliedstaat, in dem der Service Provider sitzt, zeitgleich über die Anordnung informiert („notifiziert“), sofern nicht die gesuchte Person und die Straftat ausschließlich im Ausstellungsstaat lebt bzw. begangen wurde. Die informierte Behörden können diese Anordnung auf Basis einer Liste von Gründen innerhalb von zehn Tagen verweigern, zum Beispiel, wenn die Straftat, zu der ermittelt wird, im Land des Diensteanbieters keine Straftat ist oder die Herausgabe der Daten eine Verletzung der in der Charta und den EU-Verträgen verankerten Grundrechte bedeuten würde. Ein laufendes Rechtsstaatsverfahren soll unter anderem Grund zur Annahme einer derartigen Grundrechtsverletzung geben und zu einer Ablehnung führen können.

Die angeforderten Daten müssen in dieser Zeit von den Service Providern gesichert, dürfen aber erst nach Ablauf der Fristen herausgeben werden, sofern kein Einspruch der notifizierten Behörden erfolgt ist. Auch die Service Provider selbst können die Ausstellungsbehörde, aber eben auch die Behörden des Landes, in dem sie angesiedelt sind, auf kritische Anordnungen aufmerksam machen, beispielsweise, wenn diese die Pressefreiheit einschränken.

Darüber hinaus konnten wir das Paket an geltendes EU-Datenschutzrecht anpassen und haben uns erfolgreich für die Einführung einer speziell für dieses Instrument entwickelten Plattform eingesetzt, über die die Behörden ihre Anordnungen an die Diensteanbieter und die zu notifizierende Behörde schicken und über die anschließend die Diensteanbieter die angefragten Daten zurücksenden. Damit wird sichergestellt, dass die Diensteanbieter sicher sein können, dass Anordnungen, die sie erhalten, echt sind und die Daten sicher übermittelt werden.

Mit der Einigung auf die EU-internen e-evidence Regeln ist es aber noch nicht getan. Schließlich hatte die Kommission bereits im Februar 2019 auch Vorschläge für ein geplantes e-evidence Abkommen mit den USA zum grenzübergreifenden Zugriff auf elektronische Beweismitteln in Strafverfahren vorgelegt. Auf Druck des Parlaments verpflichtete sich die Kommission jedoch, die Verhandlungen mit den USA solange auszustellen, bis die EU-internen e-evidence Regeln stehen. Mit dem gefunden Kompromiss zu den EU-internen Regeln wurden die Verhandlungen mit den USA durch die Kommission wieder aufgenommen. Als Berichterstatterin des Europäischen Parlaments auch für das EU-US-Abkommen ist es meine Aufgabe, die Verhandlungen eng mitzuverfolgen und am Ende mit meinen Kolleg:innen der anderen Fraktionen zu prüfen, ob der ausgehandelte Text vom Parlament unterstützt werden kann. Nur mit Zustimmung des Europäischen Parlaments wird der Rat ein solches Abkommen verabschieden können; das Parlament hat allerdings keine Möglichkeit, Änderungsvorschläge einzureichen (sogenanntes Zustimmungsverfahren).

Parallel dazu laufen zudem Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen für ein geplantes UN-Abkommen zu Cyberkriminalität. Auch bei diesen internationalen Verhandlungen verhandelt die Kommission im Namen der Europäischen Union und der Rat wird ein mögliches UN-Abkommen nur nach Zustimmung des Parlaments verabschieden können. Als Schattenberichterstatterin der S&D-Fraktion für dieses File werde ich auch hier die Verhandlungen eng mitverfolgen und einen möglichen Kompromiss kritisch prüfen.

2018-0108_COM-Verordnungsvorschlag_e-evidence

2018-0107_COM-Richtlinienvorschlag_e-evidence

Rat Allgemeine Ausrichtung Verordnung e-evidence

Rat Allgemeine Ausrichtung Richtlinie e-evidence

LIBE-Bericht Verordnungsvorschlag e-evidence – A-9-2020-0256_DE

LIBE-Bericht Richtlinienvorschlag e-evidence – A-9-2020-0257_DE

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ARCHIV

Ein laufendes Rechtsstaatsverfahren soll unter anderem Grund zur Annahme einer derartigen Grundrechtsverletzung geben und zu einer Ablehnung führen können. Auch die Diensteanbieter selbst können die Ausstellungsbehörde, aber eben auch die Behörden des Landes, in dem sie angesiedelt sind, auf kritische Anordnungen aufmerksam machen, beispielsweise, wenn diese die Pressefreiheit einschränken. Schließlich konnten wir das Paket an geltendes EU-Datenschutzrecht anpassen. Darüber hinaus haben wir uns erfolgreich für die Einführung einer speziell für dieses Instrument entwickelten Plattform eingesetzt, über die die Behörden ihre Anordnungen an die Diensteanbieter und die zu notifizierende Behörde schicken und über die anschließend die Diensteanbieter die angefragten Daten zurücksenden. Damit wird sichergestellt, dass die Diensteanbieter sicher sein können, dass Anordnungen, die sie erhalten, echt sind und dass die Daten sicher übermittelt werden. 2018-0108_COM-Verordnungsvorschlag_e-evidence 2018-0107_COM-Richtlinienvorschlag_e-evidence Rat Allgemeine Ausrichtung Verordnung e-evidence Rat Allgemeine Ausrichtung Richtlinie e-evidence LIBE-Bericht Verordnungsvorschlag e-evidence – A-9-2020-0256_DE LIBE-Bericht Richtlinienvorschlag e-evidence – A-9-2020-0257_DE [/td_block_text_with_title][/vc_column][/vc_row]
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ARCHIV

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