Paket der EU-Kommission zur wirtschaftlichen Sicherheit
Die EU-Kommission wird am morgigen Mittwoch in Brüssel ein Paket zur wirtschaftlichen Sicherheit vorlegen, das sie im Juni angekündigt hatte. Darin enthalten sein sollen etwa eine Überarbeitung der Regeln zur Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen in der EU, Exportkontrollen für sensible Güter, Überlegungen zur Regelung von Auslandsinvestitionen und zum Schutz von Forschungsergebnissen. Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im Europäischen Parlament: „Die globale Lage hat sich wirtschaftlich und geopolitisch in den letzten Jahren dramatisch verändert. Verschiedene Akteure auf der ganzen Welt nutzen Handelspolitik verstärkt als politisches Instrument. Es besteht für mich kein Zweifel daran, dass die EU angesichts der Konfrontation zwischen den USA und China ihren eigenen Weg gehen muss. Wir sollten in der EU zum Beispiel nicht dem amerikanischen Ansatz folgen, bei dem alle wirtschaftlichen Interessen nur durch die Brille der eigenen nationalen Sicherheit gesehen, und damit protektionistische und konfrontative Maßnahmen legitimiert werden. Die Vorschläge der EU-Kommission sind eine gute Diskussionsgrundlage für mehr Stabilität in den wirtschaftlichen Beziehungen. Allerdings muss sich der Gesetzgeber auch die Frage nach der bisherigen, vorherrschenden wirtschaftspolitischen Ausrichtung in der EU stellen. Der bisherige neoliberale Konsens einer unregulierten Freihandelsära, der Washingtoner Konsens, ist vorbei. Leider taucht in dem Ansatz der EU-Kommission mit den drei Säulen ‚promoting, protecting, partnering‘ aber kein neues wirtschaftspolitisches Leitmotiv auf. „Sicherheit“ wird von der Kommission hier viel zu eng gesehen und spiegelt immer noch altes wirtschaftliches Denken wider. Die Dimension der Nachhaltigkeit muss einbezogen werden. Eine Überarbeitung des Screenings ausländischer Direktinvestitionen ist in der Tat angebracht. Es ist höchste Zeit, dass alle Mitgliedstaaten einen Screening-Mechanismus einrichten und dass es einen harmonisierteren Ansatz zwischen den Mitgliedstaaten und mehr Informationsaustausch mit der Kommission gibt. Dies wird die Verordnung wirksamer machen. Wir sollten jedoch stets bedenken, dass die Europäisierung dieser Verordnung zum Schutz der kritischen Infrastruktur dient und nicht zu Protektionismus führen darf. Es ergibt Sinn, bei den erst 2021 in Kraft getretene Dual-Use-Regeln zu prüfen, ob sie auch der neuen geopolitischen Situation Stand halten. Denn es gibt vermehrt Berichte, dass Dual-Use-Güter über Drittländer letztendlich doch in Länder gelangen, in die der Export eigentlich verboten wäre. Zudem ändert die rasante Entwicklung im digitalen Bereich, zum Beispiel bei der Cyber-Überwachung, auch den internationalen Handel. Nationale Alleingänge sind da aber das falsche Mittel der Wahl. Ich begrüße, dass die EU-Kommisison von einem Gesetzgebungsvorschlag zurückgewichen ist, was die Kontrolle und gegebenenfalls die Genehmigung von Auslandsinvestitionen (Outbound Investments) angeht – und damit die Verhinderung der Weitergabe von sensiblem Know-how. Kein Unternehmen wird gezwungen, irgendwo zu investieren, vor allem nicht, wenn die Gefahr eines erzwungenen Technologietransfers besteht. Es wäre falsch, den Herausforderungen rein defensiv zu begegnen, beispielweise mit Lieferungsverboten oder Investitionskontrollen. Das birgt das Risiko einer protektionistischen Abschottungspolitik. Stattdessen sollten wir offensiv unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken, Infrastruktur erneuern, gezielt Technologien fördern, unsere Außenbeziehungen diversifizieren, bilaterale faire Handelsabkommen mit verlässlichen Partnern schließen, nachhaltige Partnerschaften gründen und weiter offensiv globale Regeln vereinbaren. Auch so lässt sich Stabilität und Nachhaltigkeit sichern.“ Vertreter*innen von Europäischen Parlament und EU-Staaten analysieren nun die Vorschläge der EU-Kommission und positionieren sich voraussichtlich in den kommenden Wochen dazu. |