Der US-Geheimdienst NSA hört laut den Dokumenten des Whistleblowers Edward Snowden auch die UNO-Zentrale in New York ab, die dortige EU-Vertretung sowie teil-weise 80 Botschaften und Konsulate weltweit – darunter das Konsulat in Frankfurt. Um Rechtsverletzungen der US-Geheimdienste in Deutschland künftig zu vermeiden, hatte Washington der Bundesregierung kürzlich den Abschluss eines sogenannten „No-Spy“-Abkommens angeboten, wie der für die Geheimdienste zuständige Kanzleramtschef Ronald Pofalla erklärt hatte.
„Pofallas Ankündigung kann einem Angst machen“, sagt die innenpolitische Expertin der SPD-Europaabgeordneten, Birgit Sippel: „Mit einer Vereinbarung unter diesen Umständen können die Bürgerrechte nur verlieren. Eine Zusicherung der US-Regierung, dass ihre Dienste in Deutschland nicht spionieren, wäre kein Kilobyte wert“, so die Sozialdemokratin. „Technisch kann jede Mail aus der Europäischen Union über die USA laufen und tut das auch häufig.“ Die NSA durchsuche laut der „New York Times“ vom 8. August jede Mail aus oder in die Vereinigten Staaten.
Zudem müsse die deutsche Regierung bei derartigen Abkommen auch Zusicherungen machen. „Schwarz-Gelb verhält sich erschreckend leutselig gegenüber der US-Regierung und wird unter dem Deckmantel eines solchen Abkommens voraussichtlich noch mehr Daten herausrücken – dann freiwillig“, sagt Birgit Sippel. „Freiwillig aber nur aus Sicht der Bundesregierung, nicht aus Sicht der Bürger.“
Vor irgendwelchen Verhandlungen mit den USA müssen laut der Sozialdemokratin mindestens zwei grundlegende Dinge geklärt werden. Mit Blick auf Tempora und Großbritannien müssten die Europäer Rolle und Aufgaben von Geheimdiensten definieren und par-lamentarische Kontrollen ermöglichen. Und: Freie Verhandlungen seien nicht möglich, wenn befürchtet werden muss, dass schon bei den Vorbereitungen nationale Regierungen und europäische Institutionen durch die USA abgehört werden. Ein Anti-Spy-Abkommen macht auch deshalb keinen Sinn. Zudem gehören laut Birgit Sippel auch die Verhandlungen über ein Handelsabkommen zwischen USA und der EU auf Eis gelegt, wie SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück am Sonntagabend bereits gefordert hatte.
Unabhängig hiervon lasse die Bundesregierung die Bürger weiter mit zahlreichen Fragen zum NSA-Skandal im Dunkeln tappen: „Wo arbeiten Hacker für die NSA und was genau treiben sie?“, fragt Birgit Sippel: „Wie viele Verbindungsdaten hat der BND denn nun an die NSA geliefert? Wie sichert der Verfassungsschutz Grundrechte von Bürgern gegen illegale Ausspäh-Aktionen und die Arbeit unserer Unternehmen gegen Wirtschaftsspionage? Welche Dienste spionieren noch in der EU?“