Die US-Geheimdienste spähen Millionen Europäer aus – und die EU-Kommission setzt auf einen diplomatischen Schönwetterkurs gegenüber den USA statt auf deutliche Kritik. Das geht aus einer Mitteilung der Kommission hervor, die sie offiziell erst am Mittwoch vorstellen will, der innenpolitischen Expertin der SPD-Europaabgeordneten Birgit Sippel aber vorab schon vorliegt.
Birgit Sippel kritisiert den Kuschelkurs der Kommission: „Statt klare Worte für den millionenfachen Grundrechtsbruch zu finden, preist die Kommission das transatlantische Bündnis und überlegt, wie sie das ‚Vertrauen‘ zwischen den Bündnispartnern wiederherstellen kann. Ein dringend benötigter Neustart in den europäisch-amerikanischen Beziehungen, der eine ehrliche Aufarbeitung sowie neue Regeln für Geheimdienste beinhaltet, sieht anders aus.“
Die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen, etwa mehr Tempo bei der EU-Datenschutzreform an den Tag zu legen oder ein strenges Datenschutzabkommen im Bereich der Strafverfolgung zwischen USA und EU abzuschließen, sind zwar richtige Schritte. Die EU-Kommission weigert sich aber, ernsthafte Konsequenzen zu ziehen. Birgit Sippel: „Wenn wir Europäer die USA wirklich unter Druck setzen wollen, wären ein vorläufiger Stopp der Verhandlungen über eine transatlantische Freihandelszone oder eine Aussetzung des so genannten Safe Harbour Abkommens zielführender.“ Dies wird jedoch explizit ausgeschlossen. „Die EU-Kommission ist zugegebenermaßen in einer schwierigen Position, aber nur mit diplomatischen Schönwetterbestrebungen werden wir der Massenausspähung europäischer Bürger kein Ende setzen können“, so Birgit Sippel.
Die Kommission verweist zudem darauf, dass nationale Sicherheit weiterhin in der alleinigen Verantwortung der Mitgliedstaaten liege. Birgit Sippel: „Die Kommission zitiert hier aus den EU-Verträgen, die jedoch auch eine andere Interpretation zulassen: Zu lange haben sich die EU-Staaten sowie die USA zur Rechtfertigung ihrer unlauteren Überwachungspraktiken hinter der Ausrede der angeblichen Gefährdung der nationalen Sicherheit verschanzt.“ Es bedürfe deshalb endlich eines europäischen Ansatzes bei der Kontrolle von Geheimdienstarbeit.