Die EU-Kommission bleibt eine Stärkung der Verfahrensrechte in der Europäischen Union, wie sie das Europaparlament immer wieder gefordert hat, in relevanten Punkten schuldig. Am Mittwoch hat die Kommission ein Paket zur Stärkung der Rechte im Strafverfahren vorgelegt, deren Ausgestaltung die innenpolitische Expertin der SPD-Europaabgeordneten Birgit Sippel als teilweise ambitionslos kritisiert.
Die Innenexpertin begrüßt zwar grundsätzlich die Intention, die Rechte von EU-Bürgern im Strafverfahren zu stärken. Dies betreffe konkret etwa die Rechte eines Deutschen, der im EU-Ausland einer Straftat verdächtigt wird. Dieser müsse eine ähnliche Behandlung wie zu Hause und somit ein faires Verfahren erwarten können, ansonsten könne es im schlimmsten Fall zu Fehlurteilen kommen. „Die Stärkung einer EU-weit effektiven Strafverfolgung treibt die Gemeinschaft seit Jahren emsig voran“, sagt Birgit Sippel. „Aber die Stärkung der Rechte von Verdächtigen und Angeklagten, die völlig unschuldig sein können, hinkt dieser Entwicklung gefährlich hinterher.“
Die Parlamentarierin kritisiert deshalb das Fehlen wichtiger Aspekte im Kommissions-Paket: „Weil die Mitgliedstaaten in der Vergangenheit bei Verfahrensrechten oft gebremst haben, hat die Kommission in vorauseilendem Gehorsam eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners verfolgt.“
Das Paket umfasst drei Richtlinien; einen Entwurf zur Stärkung der Unschuldsvermutung, einen über besondere Schutzvorschriften für Kinder und einen dritten über Prozesskostenhilfe in bestimmten Fällen sowie zwei – rechtlich nicht verbindliche – Empfehlungen. Konkret bemängelt Birgit Sippel etwa das Fehlen eines eigenen Vorschlags für Mindeststandards in der Untersuchungshaft. Des Weiteren kritisiert die Sozialdemokratin, dass zwar die Rechte von Kindern rechtlich verbindlich gestärkt werden sollen – diejenigen anderer besonders Schutzbedürftiger wie mental eingeschränkter Personen aber nicht. Zudem seien die Vorschläge zur Prozesskostenhilfe nicht ausreichend: „Die höchsten rechtsstaatlichen Standards sind sinnlos, wenn sich die Betroffenen Gerechtigkeit nicht leisten können. Wir brauchen deshalb ein Recht auf Prozesskostenhilfe in allen Stufen des Verfahrens – nicht nur zu Beginn des Verfahrens wie von der Kommission vorgeschlagen.“