Die Türkei hat aus Sicht der EU-Kommission ihren Teil der Absprache eingehalten, selbst wenn die Fortschritte unbeständig blieben. Das geht aus dem am Mittwoch vorgestellten zweiten Evaluierungsbericht zum EU-Türkei-Deal vom 18. März hervor. „Das Abkommen trägt einen wichtigen Teil dazu bei, die Flüchtlingsbewegung besser zu organisieren“, so Knut Fleckenstein, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament. „Es kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die innenpolitische Situation in der Türkei die türkische Regierung zunehmend zu einem schwierigen Partner macht. Dabei geht es um Menschenrechte, Meinungs- und Pressefreiheit aber auch Demokratie und Rechtstaatlichkeit.“
Birgit Sippel, innenpolitische Sprecherin der europäischen Sozialdemokraten, betont, dass es zudem grundsätzliche Bedenken zur Vereinbarkeit mit europäischem und internationalem Recht bei der Rückführung jener Flüchtlinge gebe, die über die griechischen Inseln irregulär einreisen. „Auch die innenpolitische Lage in der Türkei lässt eine pauschale Rückführung nicht zu. Der EU-Türkei-Deal darf das Grundrecht auf Asyl nicht untergraben“, betont Birgit Sippel.
Zudem hapere es an der Umsetzung des Neuansiedlungsmechanismus (resettlement), über den für jeden in die Türkei rückgeführten Syrer, ein Syrer aus der Türkei in die EU umgesiedelt werden soll. Seit dem 4. April seien erst 511 Flüchtlinge über diesen nach Europa geholt worden. „Wir brauchen einen robusten Mechanismus zur Neuansiedlung von Schutzbedürftigen direkt aus Drittstaaten“, sagt die SPD-Innenexpertin Birgit Sippel. „Die EU-Kommission hat schon vor Monaten ein solches Instrument versprochen. Die Absprachen mit der Türkei sind in dieser Hinsicht nicht ausreichend.“ Zugleich müsse sichergestellt werden, dass sich alle Mitgliedstaaten an der Neuansiedlung beteiligen.
„Die Türkei bleibt als direkter Nachbar der EU und primäres Transitland in Migrations- und Flüchtlingsfragen ein wichtiger Ansprechpartner. Doch die Hauptverantwortung muss weiterhin bei der EU liegen. Der Deal mit der Türkei darf nur als ein Teil der Lösung gesehen werden. Innereuropäische Solidarität in Flüchtlingsfragen kann damit nicht ersetzt werden“, so Knut Fleckenstein, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses.
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